die brüche in der stimme
die hellen krähenfüsse
die schönen hände
ich wusste kaum
um die bedeutung
jener zeit
unter deinem dach
an deinem tisch
dein kind sein
wieder
und so lange ich bin
deine hand auf meiner spüren
(ohne datum - heute beim räumen gefunden - 28.09.2020)
paraphieren wir also die tage
die landschaft, diesen himmel,
die hände voll salzwasser,
rosmarin, salbei sage ich und
staune auch hier eidechsen,
sommervögel, feigen.
wir lassen es gut sein.
abends füllt die sonne das herz,
fallen sterne vom himmel, stehen
venus und mars über der ebene,
den hügeln dahinter, dem meer.
und ich, ich träume wieder
von einer insel aus glück.
sommer 2018 - für silvi&fritz, rosmarie&nina
weil heute heute ist. und morgen morgen.
lass mich erzählen vom roten mond
der mich erdet bei offenem fenster
kommt das glück unverhofft & leise
flüchten gedanken ins herz weisst du
ich sitze noch immer im wartesaal
der geschichten & bilder alles ist nie
geschrieben scheint nie passiert nur
fragmente eines lebens eines seins
einstweilen halte ich die luft an denn
bald ist es frühling & bald ist es zeit
ein herbst noch ein einziger winter
dazwischen 1 wunder oder 2 oder 3
she was a free bird: queen of the world and laughing.
- roman payne
im schrank ein herr mit taschenlampe
der boden ist schief auch die wände &
während ellipsen mit fliegenden ohren
im garten & über die wiese in den teich
kommt das lachen leicht & aus tiefsten
wassern kommt das fassungslose glück
oder ist es die ruhe vor der nächsten
flut? der letzten vielleicht wer weiss
ich habe die namen vergessen nicht
die zahlen & geschichten doch wie
damals trügt die stille - schüchtern
leise & so leicht
verwirrbar wie wir heute sind kann
ich mir diesen faden nicht erklären
unsichtbar zwischen hier & immer
zweifle ich an mir an allem nach wie
vor steht mir die mutter im gesicht
& klarer als ich denke meine schrift
mine was the twilight and the morning.
mine was a world of rooftops and love songs.
- roman payne
taubenfedrige tage
blassblau gerändert
die lieder des kochs
amore nel cuore
auch die erinnerung
an eine andere reise
meinen namen
würdest du flüstern
& es mögen hier
es war ein bezaubernder anblick -
überaus weich und verträumt und schön.
- mark twain
fast schon ein frühling
die geäderte haut wenn das sehen
sich weitet die dehnung des raums
der horizont eskaliert das licht ...
wie viel das ausmacht: ein paar
vögel offene fenster grüne spitzen
mein grünes herz tanzt …
- friederike mayröcker
in der zwischenzeit übe ich
das gehen auf weissem papier.
ich zähle nicht die tage
als hüterin gefiederter hand
taschen (mit inhalt & ohne),
von franzbranntweinflaschen,
pillendöschen, auch silber
mäntelchen, johanniskräutchen,
qualitäts!brennesseln, von zahl
losen dokumenten & papieren
unter den bergen in den ecken
meiner zimmer. bald & ganz
bestimmt finden sie den weg.
auch die packungsbeilage
nehmen sie bitte mit, madame!
meine mitbewohnerin ist ein zirkuskind. es pfeift
auf den rest der welt, züchtet flöhe unter dem bett,
hält sich an gaukler, spielmänner, zahlencodes.
immer dreht es sich im kreis & wartet auf applaus.
solange die maske hält, ist alles gut.
die nummer erinnert an früher, als ich die zukunft
träumte & nichtsdestotrotz ums leben ruderte.
damals, im grossen kartenhaus über dem nebelmeer,
mit wochenendkindern & zornigem mann.
– lang ist’s her.
jetzt bin ich alt & leise, setze den fuss in die luft,
verliere ich mich im blau. ich putze vier katzen &
einer seiltänzerin hinterher. die wirklichkeit
verblasst mit der zeit; das macht es
leichter.
– und doch.
ich wünsche mich in unversehrte tage.
wo ich nur ich bin. ohne schlangenlinien,
hochseilakte, fliegende seitenwechsel.
wo nachts nacht ist & tags hellichter tag.
– ganz einfach.
muschelsucher bevölkern die landschaft
ein alter fisch schwimmt zu den sternen
in der gegenrichtung kein lichtblick
eine katze geht übers brot
die uhren stehen still
nur der spiegel leuchtet
immer es ist kalt
in diesem haus
und immer ist es dunkel
aber was weiss ich
ein fisch
und ohne gefühl
du fällst
aus dem baum aus dem haus aus dem leben
aus dem offenen wagen in einer kurve …
- friederike mayröcker
immer ist 1 murmeln und flüstern
sind wahrnehmungen leise (weise)
wirklichkeiten denn siehst du nicht
das dünnhäutige seelchen auch hell
sichtige kind jenes innere flackern
& das ganze schutzlose wesen
wenn 1 gehauchtes wort das zimmer
verlässt die wände malen möchte man
jene stirn jene hände möchte man
vergissmeinnichtblau mit löwenzahn
spitzen an den rändern an den blatt
rändern & auf zettelchen
wo gratwanderungen mit fahrigem stift
geschrieben sind & bleiben abgründe
abstürze sturzbäche neben streifungen
flüchtigkeiten auch jene triftige liebe
- diese nährsubstanz der sinne –
von lilienfisch & taube
verbindendes verbindliches fixieren
(lebenslänglich) auf & unter der haut
auch seitenblicke leicht abwesend
bis fahrig verworren die geschichte
bleibt 1 herz filigran forever my love
and ever undsoweiter
für friederike mayröcker.
„der anblick der blumen nimmt wunden.“
heiter sei der grund unter den blüten,
den freundlichen fischen, dem licht -
weiche, leise harmonien, akkorde,
bewegungen der hände.
und wirklich sei das leuchten.
jetzt. hier. der bläuliche duft,
die tieferen wasser, die bleibende zeit.
der wind. die welle. ein einzelner stein.
bald sitzt man im untergrund
mit gartenhaus und katze
hier tanzt der elefant
die wörter leuchten
der dichter dreht sich
beflügelt im kreis
farben, farben! ein halleluia
& herzlich
für beat brechbühl zum 75.
besetzte eine landschaft dir das herz
déjà-vu aus alten träumen jenes
verwitterte haus durchlebt mit offenen
fenstern einem regenschirm im garten
einer schnapsflasche in der küche diese
geschichten am tisch diese jahre und
wieder die nackten füsse der kinder
auf der treppe das lachen der hunger
die liebe fände dich eine heimat eines
schönen tages fände dich ein glück
manchmal träumt sie
von spitzbergen und
sortiert ihr leben nicht
neu nur etwas anders fast
möchte man glauben es
gelingt an diesem morgen
ohne fragen im gesicht mit
dem geschmack von zucker
watte im mund ein fisch
verfault zuerst im kopf
sagt er meistens
ist es anders
als das kind kind war, wusste es nicht, dass es kind war.
- peter handke
ich mache die tage fest an bildern. blieben sie mir,
hielte ich diesen herbst nicht in der hand. eine zeit
wie keine andere.
ins licht getaucht blendet sie mich zurück zum vater,
der nur töchter hatte, zur mutter & ihren begleitern.
am himmel franst die sonne aus.
quer über den see gezeichnet die schatten der bäume,
ein paar möwen, in den zweigen letztes laub.
meine wörter sind müde.
ein seidener faden die stille, das herz undsoweiter.
wohin du auch gehst,
geh mit deinem ganzen herzen.
- konfuzius
zur falschen zeit am falschen
ort gingen die uhren richtig
fanden die kinder die väter
nicht und umgekehrt fragt man
nach dem sinn zeigen sich
die gründe fürs bleiben hinter
den jahren hinter der zeit
in der hilflosigkeit der mütter
am ende der kette all jener
früheren bilder gleichen wir
ihnen wie perlen und mehr
als im wasser wurzeln wir nicht
fassbar für die andern in der
luft die wir atmen
im flüchtigen raum lernten
wir geborgen sein was so viel
einfacher wäre denn wörter
aus steinen zu schälen zu warten
zu hoffen zu glauben dass gut ist
was ist und was wird
vielleicht auch
in dieser stadt beisst der wind sich ins gesicht
fällt der schnee so leicht und leise kreuzen
blicke sich anders als sonstwo brennen meine
augen meene oogen wenn ich gehe. sterne
wachsen aus dem asphalt alte männer öffnen
die arme halten mich an. die tauben fliegen
hoch in dieser stadt offene briefe an den
lächerlichen füssen das untrügliche zeichen
erkannt zu sein von dieser freundlichen wärme
die meine linkische nacktheit vielleicht rührt
in dieser stadt verspricht ein frosch was er
zu halten vermag nur weiss jene verkleidete
prinzessin nichts von ihrem glück eine zarte
tänzerin mit traurigem blick auf blankem
parkett in einem raum mit abertausend
fluchtwegen türen herzen wörtern und linien
in dieser stadt sind die bettler schweigsam
wie hunde die häuser erzählen geschichten
aus zerbrechlichem licht hinter den fenstern
tragen stimmen helle töne ins innere meiner
landschaft in dieser stadt möchte man bleiben
blütenjäger lippenfromme auch jade
farbene augenlider sag mir wie viele
tage mir bleiben wenn ich das landes
innere nicht zu beschreiben vermag
mit seinem duft nach leichtigkeit
nach sommerwiesen diese filigranen
luftzimmer in denen zikaden singen
weisst du meine ränder sind nackt und
trügerisch das laub im haar das leise
flüstern die schmalen fingernägel immer
bewegen wir uns zwischen den räumen
grenzgänger auch wechselbälger scheint
mir und ohne netz - mais c'est la vie
meine liebe c'est la vie! - es sind dreizehn
stühle es sind bäume vor den fenstern
da wo ich wohne oder bin und vielleicht
weisst nur du wovon ich rede so dahin
gestellt die vielen spiegelbilder auch
blendungen im kopf sitzt meine ganze
wahrheit und schweigt
sprich langsam, schreib schön.
- helwig brunner
die ruhe trügt: es nähert sich
eine ankunft noch vor dem
ersten schnee - vielleicht ist
das ja mit ein grund für alles
sage ich alles nur keine sanft
mütigen gelöbnisse keine
weiteren leerläufe keine
wundverbände mehr
eine katze fällt immer auf
die füsse meinen sie? der
verpflichtungen sind genug!
eigentlich ist es ganz einfach:
ich stecke den kopf in die
schachtel & zähle bis zehn
so oder so reise ich meist
unbemerkt & neben der zeit
derweil die tage im nebel
hängen spitze ich bleistifte
rede laut & deutlich vor mich
hin oder höre mir zu in der
hand zerstreute dichter
worte im auge den teppich
mit lampe die bretter
undsoweiter
die sprache ist ein grosser überfluss.
- friedrich hölderlin
kann sein die dunklen augen, der amsel
vogelblick, wo handzettel, staubschichten,
vergilbtes papier: behütete blüten. kann
sein und mich an wörtern blutig schreiben
– trächtig lauerndes erinnern, zerrinnen
zwischen pillen, salben, filzpantoffeln.
kann sein auf dem küchentisch am fenster
eine stimme, ein geruch, eine tröstung.
schlurft durchs zimmer, unter die tasse,
unter die haut. verblasstes geranien
blättchen, pelargonienhäutchen, sanfteste
zumutung einer abwesenheit. kann sein.
ich, mein herr, bin nicht mehr
von demselben namen.
davon ausgenommen hübsche fremdworte
leuchtende wolken helle vogelstimmen
am morgen und beim einnachten ein glas
gavi in der abendsonne oder zweidrei
kerzen auf dem tisch mein privates abc
und die wärme seines lichts das rauschen
der buchen ihr wiegen und glitzern im
sommerregen quer durchs bild fahrende
züge überhaupt diese welt da unten der
dumpfe bass vom salzhaus die menschen
im park die regelmässigen besuche des
katers auch das unbändige einer alten
hopfenpflanze die telefonstimme vom
nachbarn oder die tangotänzer schräg
vis-à-vis die idylle im fenster über mir
ein paar krumme kreidestriche vor der tür
die ruhe am sonntagmorgen das fahrige
lächeln im geäst die fluchten diese tiefen
schichten von glas
wer ist schon da um objekt zu sein
wie diese kompakte kleine frau effekt
voll modelliert vom mund bis zu den
wörtern und hat nicht jedes fliegende
kleid seinen helden mit unauffindbarem
grab aber das ist, verzeihung, taktlos!
wie die geschichte von den augen den
verweinten einer schmalen dichterin
und gibt nicht jeder sich selbst und
der welt ein nachbearbeitetes bild
lässt beseitigen oder setzt seine besten
wünsche in die luft wie die flügel dieser
wurmstichigen taube ihr lächeln über
weichgezeichneten büchern buchstaben
an denen die blicke sich halten die
erinnerung ins rechte licht gerückt
das leben gefiltert entstört verwischt.
die fallen sind gewürfelt
gedanken sind menschlich
und irren ist frei
alles wird gut
nur mut!